Zur Reform des Katechismusunterrichts.
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daß sie sich von jenen natürlichen Lebenserfahrungen nur wenig unterscheidet:
das Kind soll die biblische Geschichte an sich erleben. Wir finden uns bei
diesem letzten Hauptpunkt in der erfreulichen Übereinstimmung mit der herrschen
den Theorie, wonach die biblische Geschichte die Grundlage des Katechismus
unterrichts sein soll." Man kann auch (theoretisch) die Heilsgeschichte als den
einzigen Lehrstoff des Religionsunterrichts der Volksschule ansehen und den Kate
chismus als Unterrichtsziel derselben, wie man umgekehrt sagen kann, wir
treiben in der Volksschule nur Katechismus, d. h. wir vereinigen beide Unterrichts
zweige zu einem organischen Ganzen, in welchem die biblische Geschichte die An
schauungsgrundlage des Katechismus bildet und dieser als begrifflicher Gewinn
hervorgeht. Es schwebt dann bei der Behandlung der Geschichte die lebensvolle
Aneignung des Katechismusgehaltes als letztes Ziel vor Augen. — Wird der
Katechismus so an die biblische Geschichte angeschloffen, so sind beide eng mit
einander verwachsen; bei einer Wiederholung der Geschichte tritt auch die daraus
gewonnene Glaubenslehre ins Bewußtsein. Wird der Katechismus aber isoliert be
handelt, so bleibt er für das Kind ein fremder Körper und ist zum Siechtum verurteilt.
Wie der Katechismus als eine Sammlung von Glaubensvorschriften und
als Bekenntnisschrift gelehrt werden muß, soll an Beispielen gezeigt werden. In
den Geschichten: Davids Fall und Buße, Vom verlorenen Sohn, Vom Pharisäer
und Zöllner, Von der großen Sünderin, Von der Verleugnung Petri, lernen
die Kinder Personen kennen, die wider Gottes Gebote schwerlich gesündigt haben,
die aber ihre Sünden einsahen, letzteres zuweilen erst nach der Erzählung eines
Gleichniffes (David), oder durch große Not (der verlorene Sohn) oder einen
Blick, eine Anregung des Herrn dazu veranlaßt (Petrus). Es folgt dann bei
allen das Bekenntnis: „Ich habe gesündigt," und hierauf das Bereuen der
Sünde, d. h. es tut diesen Personen leid, die böse Tat vollbracht zu haben,
und sie nehmen sich vor, sie nicht wieder zu begehen. Von solchen Leuten sagt
man, sie wollen sich beffern, bekehren, sie tun Buße. Judas bereute auch seine
böse Tat („ich habe übel getan, daß ich unschuldig Blut verraten habe"), aber
doch erhängte er sich; es fehlte ihm der Glaube oder das Vertrauen, daß Jesus
ihn wegen seiner großen Sünde wieder annehmen, ihm die schwere Schuld ver
geben werde; darum bemächtigte sich seiner die Verzweiflung. Dieser Glaube
fehlte nicht bei den übrigen, bei Petrus, dem verlorenen Sohn (er wäre sonst
nicht zu seinem Vater zurückgekehrt), der großen Sünderin. Zu solchen Personen,
die ihre Sünden bereuen, und die das feste Vertrauen haben, daß sie wieder
angenommen, daß ihnen die Sünde vergeben wird, spricht Jesus: „Dein Glaube
ist groß, deine Sünden sind dir vergeben, gehe hin in Frieden." — Verdient
haben sie die Sündenvergebung, die Gerechtigkeit vor Gott nicht, sondern sie
wird ihnen, weil sie reumütig zu ihm kommen, geschenkt, aus Gnaden also er
langen sie dieselbe.